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Stolpersteine für Familie Kaufmann

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Bochum-Wattenscheid: Wir erinnern an Familie Kaufmann

Albert und Irma Kaufmann

Abbildung 1: Albert und Irma Kaufmann

Der am 15. Dezember 1887 in Mühlheim/Ruhr geborene Albert Kaufmann und Irma Pollack, geboren am 21. September 1897 in Köln, haben am 20. Januar 1922 in Wattenscheid geheiratet. Das Ehepaar Kaufmann hatte drei Kinder, der älteste Sohn Günter Hugo wird am 26. Oktober 1922 in Bochum geboren, Elfriede wird am 24. September 1925 in Wattenscheid geboren, ebenfalls in Wattenscheid kommt Gerd am 17. Juli 1928 zur Welt.

Albert Kaufmann war von Beruf Steuerberater und Buchhalter. Noch Anfang der 30er Jahre betrieb er ein gut gehendes Beratungsbüro in der Wattenscheider Swidbertstrasse 5. Er war im 1. Weltkrieg Frontkämpfer, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse und der Österreichischen Tapferkeitsmedaille. Albert Kaufmann wurde als Unteroffizier aus dem Militärdienst entlassen. Mit der Machtübergabe an die Nazis im Januar 1933 verschlechtern sich jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie Kaufmann sehr schnell. Seine nichtjüdische Kundschaft entzieht ihm Aufträge und bleibt schließlich ganz aus. Mitte des Jahres 1933 wird Albert Kaufmann die Zulassung als Steuerberater entzogen und damit auch die Möglichkeit, seine Familie zu ernähren.

Gelsenkirchen, Bismarckstrasse 64 (64), Mitte der Dreißiger Jahre

Abb. 2: Gelsenkirchen, Bismarckstrasse 64 (links), Mitte der Dreißiger Jahre

Vor dem Hintergrund des stetig zunehmenden Verfolgungsdrucks gegenüber der jüdischen Bevölkerung beschloss Albert Kaufmann, mit seiner Familie nach Gelsenkirchen zu ziehen. Er hoffte, in der großen jüdischen Gemeinde Gelsenkirchens eine Anstellung zu finden. Ab dem 19. März 1934 wohnte die Familie Kaufmann zunächst in einer 5-Zimmer Wohnung an der Bismarckstrasse 64. Albert Kaufmanns Hoffnungen erfüllten sich jedoch nicht, bereits ein Jahr später musste die Familie erneut umziehen, diesmal in eine kleinere Wohnung mit vier Zimmern an der Johannestrasse 16.

Abb. 3: Entlassungszeugnis 1937 der Israelitischen Schule Josefstrasse für Günther Kaufmann. Zum Vergrößern anklicken.

Abb. 3: Entlassungszeugnis 1937 der Israelitischen Schule Josefstrasse für Günther Kaufmann. (Zum Vergrößern anklicken)

Die allgemeine Lebenssituation der Familie verschlechtert sich in der Folgezeit zusehends. 1937 bittet Albert Kaufmann einen entfernten Verwandten um finanzielle Hilfe. In einem Brief schildert er die verzweifelte Lage, die Familie lebt zu diesem Zeitpunkt von weniger als 100 RM monatlich, die seine Frau Irma als Aushilfsverkäuferin verdient. Die Kinder der Familie Kaufmann besuchten zu dieser Zeit die Jüdische Volksschule in Gelsenkirchen, die sich bis 191935/36 an der Ringstrasse 44 befand und dann in eine alte, nicht genutzte Schule an der Josefstrasse verlegt wurde. Günther verließ die Israelitische Schule Josefstrasse im März 1937 mit dem Entlassungszeugnis der 8. Klasse und begann eine Lehre bei der Fa. Gebr. Goldblum Schuhgroßhandel in Schalke.

Von links: Elfriede, Günter und Gerd, Kaufmann

Abb. 4: Von links: Elfriede, Günter und Gerd Kaufmann

Angesichts der sich weiter rapide verschlechternden Lebensverhältnisse versuchten Albert und Irma Kaufmann, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Der älteste Sohn Günther Hugo konnte so im Oktober 1938 via Hamburg nach Palästina auswandern. Familie Kaufmann erlebt in Gelsenkirchen die so genannte "Reichskristallnacht" am 9. November 1938 und den sich danach dramatisch zuspitzenden Verfolgungsdruck. Noch Ende 1939 bittet Albert Kaufmann die NS-Behörden um eine Arbeitserlaubnis, um als "Devisenberater für jüdische Auswanderer" tätig zu sein. Die Erlaubnis wird ihm nicht erteilt.

Elfriede Kaufmann hält sich 1940 und 1941 jeweils für mehrere Monate in Hamburg auf, dass deutet auf Hachschara-Kurse in Blankenese-Rissen im Rahmen einer geplanten Ausreise hin, eine Flucht aus Deutschland gelingt ihr jedoch nicht mehr. Gerd und Friedel wurden im Januar 1942 zusammen mit ihren Eltern Albert und Irma von Gelsenkirchen nach Riga deportiert.

Elfriede Kaufmann lernt im Ghetto Riga David Magun kennen. Das Paar heiratet noch im Ghetto, am 18. April 1943 vollzieht ein Rabbiner die Trauung. Friedel Magun, wie sie nun heißt, wird weiter nach Stutthof und von dort nach Buchenwald verschleppt. Vom KZ Buchenwald wird sie in ein Außenlager bei Magdeburg weitertransportiert. Anfang April 1945 gelang ihr dort die Flucht, am 18. April wird sie von der US Army endgültig befreit. Zusammen mit ihrem Mann David, der ebenfalls überlebte, emigrierte sie im Februar 1947 nach Mexiko.

Albert Kaufmann wird bei einer der Selektionen des SS-Arztes Krebsbach Ende Juli 1944 zur Ermordung bestimmt und in den Wäldern rund um das KZ Kaiserwald erschossen. Gerd und seine Mutter Irma werden, als die Front näher rückt, weiter in das KZ Stutthof bei Danzig verschleppt. Irma Kaufmann erlebt die Befreiung des KZ Stutthof durch die Rote Armee, stirbt jedoch kurze Zeit später an Typhus. Gerd Kaufmann wird Ende September 1944 von Stutthof weiter nach Dautmergen, ein Außenkommando des KZ Natzweiler, verschleppt. Gerd Kaufmann wurde auf einem Todesmarsch bei der Auflösung des Außenkommandos im April 1945 ermordet.

Der Leidensweg der Familie Kaufmann wird hier als Exzerpt skizziert. Die umfangreiche Dokumentation der Rechercheergebnisse mit Quellenangaben und Literaturhinweisen, erstellt von Schülerinnen und Schülern der Klasse 8c und den Klassenlehrerinnen Tina Weller und Dr. Andrea Kleffmann der Maria Sibylla Merian-Gesamtschule in Wattenscheid, steht hier als PDF-Datei zum Download bereit:

PDF   Familie Kaufmann aus Wattenscheid - eine Familie und ihr Schicksal

Abb. 5: Die Stolpersteine für Familie Kaufmann wurden am Montag, den 19. September 2011, von dem Künstler Gunter Demnig vor dem Haus in der Vödestrasse 63 in Bochum-Wattenscheid verlegt.

Stolpersteine für Albert, Irma und Gerd Kaufmann in Bochum-Wattenscheid, Vödestrasse 63

Abbildungsnachweis:
Abb. 1: Privatbesitz Friedel Magun
Abb. 2: Ansichtskarte aus der Sammlung Volker Bruckmann/Karlheinz Weichelt, mit freundlicher Unterstützung
Abb. 3: Entlassungszeugnis Günther Kaufmann, Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 15, Entschädigungsakte Reg. Nr. 6218
Abb. 4: Stadtarchiv Gelsenkirchen
Abb. 5: Foto Heike Jordan

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Email an Andreas Jordan schreiben Andreas Jordan, 9/2011. Gelsenzentrum - Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Gelsenkirchen

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