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Menschenverachtung mit Unterhaltungswert


Erlebniswelt Rechtsextremismus - Vortrag in der Erler NS-Dokumentationsstätte

Am 30. Januar 2008 hielt der Rechtsextremismus-Experte und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes NRW, Thomas Pfeiffer, einen Vortrag in der NS-Gedenkstätte. Das Institut für Stadtgeschichte hatte den Verfassungsschutz-Experten nach Gelsenkirchen eingeladen.

Der gut besuchte Vortrag vermittelte Einblicke in "rechte" Strukturen, rechtsextreme Lieder und Texte und auch der "Dresscode" der Szene wurden von Thomas Pfeiffer anschaulich dargestellt und erläutert. Das äußerliche Erscheinungsbild der Szene wie auch die Aktionsformen haben sich verändert, die Inhalte der Szene jedoch nicht wesentlich. Verstärkt bedient sich die Szene der multimedialen Darstellung ihrer Botschaften, interaktive Webauftritte sollen Jugendliche und jungen Menschen mit Freizeit- und Erlebnisangebote wie Busfahrten, Grillabende, Konzerte und ähnliche Veranstaltungen in die Reihen der Szene locken.

Der Strategiewechsel geht mit dem geänderten Outfit konform, rechte Gruppen wie die "Autonomen Sozialisten" sind häufig nicht mehr von Linken zu unterscheiden. Dabei fällt auf, so Pfeiffer, das soziale Fragen und Hartz IV zunehmend thematisiert werden. Vordergründiges Ziel sei das eindringen in den Jugend-Alltag. Durch das verteilen von kostenlosen CDs vor Schulen versuchen die NPD und rechte Kameradschaften junge Menschen zu ködern. Die Texte dieser "Musik" seien zwar juristisch nicht zu beanstanden; "Altes Denken im neuen Gewand" so beschreibt es Pfeiffer. Anhand von Hör- und Textbeispielen erläuterte der Experte die Zielrichtung dieser Werbeaktionen der Rechtsextremisten. Neonazi-Codes wie "88" als Synonym für "Heil Hitler" oder "1488", wobei die 14 für die "Fourteen Words" von David Lane stehen, wurde den Besuchern anschaulich erklärt. Das Symbol der "Schwarzen Sonne" fungiert in der Szene als Ersatz für dass verbotene Hakenkreuz. Ein Vater kam sogar mit seinem 16jährigen Sohn zu dem Vortrag von Thomas Pfeiffer, um sich zu informieren. Im Anschluss an das Referat setzte eine lebhafte Diskussion ein: Wie soll sich die Demokratie zur Wehr setzen?

Die Prävention sei ein Ansatz, so Pfeifer "Ich werbe dafür, dass dieses Thema stärker als zuvor im Unterricht aufgegriffen wird". Ein Zuhörer wies darauf hin, "dass die Schließung von Jugendeinrichtungen den ewig Gestrigen die Jugendlichen in die Arme treibt". Auch das Reizthema "NPD-Verbot" wurde diskutiert, hier gingen die Meinungen der Besucher auseinander. Thomas Pfeiffer lehnt es ab: "Ich habe Zweifel, ob wir mit Repressionen der Entwicklung Herr werden". Im Falle eines durchaus möglichen Scheiterns vorm Bundesverfassungsgericht wäre das für die NPD "ein Propaganda-Erfolg erster Güte".

Andreas Jordan, Februar 2008