Schönfärberei oder der Schleier des Vergessens
Der Text auf der Info-Tafel ist doch recht knapp an den geschichtlichen Fakten vorbei geraten. Bewusstes Unterlassen oder schlichtweg "vergessen"? Für die Öffentlichkeit nicht von Interessse?
Fragen, auf die es bisher keineAntworten gibt. Ich vermisse die klare Darlegung der Tatsache, daß Moses Stern als jüdischer Unternehmer von den Nationalsozialisten in deren Sprachgebrauch "arisiert" wurde; d.h. die Konzerne Hoesch AG, die Mannesmannröhren-Werke und die Rheinmetall AG "erwarben" Anfang 1938 zu jeweils 1/3 die Aktien der Moses Stern AG. Wahrscheinlich waren die historischen Fakten 2002 (Datum der Tafel) noch nicht bekannt... Nach dem Krieg versuchte Familie Stern eine Entschädigung zu bekommen. Der "Arisierungsfall Moses Stern AG" wird unten zitierten im Buch von Dr. Priamus ausführlich und exemplarisch dargelegt.
Info-Tafel der Stadt Gelsenkirchen in Schalke-Nord
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Zitat Karlheinz Rabas, Stadtteilarchiv Rotthausen:
"Die Informationen über den Standort der Firma sind nur teilweise richtig. Moses Stern, der Eigentümer und Gesellschafter der gleichnamigen Firma, die er in der NS-Zeit verkaufen musste und die den Namen Eisen + Metall annahm, hatte um 1900 in der Neustadt in der Breitestraße 7 ein Firmengelände. Die Breitestraße wurde im Zuge des Umbaus des Hauptbahnhofes Gelsenkirchen aufgegeben".
Zitat aus "Was die Nationalsozialisten Arisierung nannten":
Die Moses Stern AG ist als typisch für ein Unternehmen aus dem Ruhrgebiet anzusehen. Die Firma war aufgrund ihrer Produktpalette ein einflußreiches Unternehmen auf einem für die Nationalsozialisten wichtigen Sektor ihrer Aufrüstungspolitik, dem Rohstoffsektor. Aufgrund der labilen wirtschftaftlichen Lage zu Beginn des "Dritten Reiches" war es nicht möglich, und im Fall der Firma Stern auch nicht erwünscht, störend in den Geschäftsbetrieb der Firma Moses Stern einzugreifen. Das Unternehmen steigerte seine Umsätze trotz der für jüdische Unternehmen vorherrschenden repressiven Rahmenbedingen ständig und kam nach einigen wirtschaftlich schwierigen Jahren 1935 erstmals wieder in die Gewinnzone.
Insbesondere seit 1937 droht der Moses Stern AG eine Verkürzung der Lagerbestände sowie eine Erschwernis der Einkaufsmöglichkeiten, wurden doch jüdische Unternehmen des Rohstoffsektors genauestens überwacht und kontrolliert. Auch wenn diese Maßnahmen noch keine Gesetzeskraft hatten, war jedoch absehbar, dass ein normaler Geschäftsbetrieb alsbald nicht mehr möglich sein würde. Die antisemitischen Maßnahmen hatten schwerwiegende Folgen für die Geschäfte der Moses Stern AG. Zu Beginn des Jahres 1936 wurde das Unternehmen "durch das Hitlerregime aufgefordert" die Mehrheit seiner Anteile an die Stahlausbau GmbH zu verkaufen.
Der Druck auf die Familie Stern nahm in dieser Phase weiter zu. Im September 1937 wurden die Gebäude der Moses Stern AG von der Gestapo sowie der Steuer- und Devisenbehörde besetzt. Angeblich lagen Devisenvergehen des Unternehmens vor. Die Anschuldigungen konnten jedoch nicht bewiesen werden. Als die Besitzer noch unter dem Eindruck der Untersuchung standen, wurden sie durch einen leitenden Herrn von Mannesmann darüber unterrichtet, dass ihre persönliche Sicherheit nicht mehr garantiert werden kann, wenn sie nicht bis Ende des Jahres ihre Aktien oder ihren Betrieb verkauften.
Quelle: Heinz Jürgen Priamus (Hg.): Was die Nationalsozialisten Arisierung nannten -
Wirtschaftsverbrechen in Gelsenkirchen währen des Dritten Reiches. S. 116-118 ff.
Erschienen bei Klartext, Essen 2007. ISBN: 978-3-89861-843-4