Hannelore "Lore" Buchheim wurde als Hannelore Grüneberg am 9. März 1925 in Gelsenkirchen geboren. Sie lebt heute in den USA.
Ihr Großvater Meyer Grüneberg gründete in Gelsenkirchen eine Metzgerei, die seine Söhne Albert und Paul nach seinem Tode im Jahr 1932 fortführten. Paul Grüneberg führte die "Fleisch-Markthalle" der Familie alleine weiter, nachdem sein Bruder, der Metzgermeister Albert Grüneberg verstarb. Albert Grüneberg wurde auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf beigesetzt.
Paul Grüneberg wurde am 14. November 1892 in Hennen, Kreis Iserlohn geboren. Er war im ersten Weltkrieg Soldat und wurde mit dem Verwundetenabzeichen und dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Am 14. September 1919 heiratete er die aus Jever stammende Helene Levy, die am 22. Februar 1897 geboren worden war. Lore Buchheim hatte eine jüngere Schwester, Helene Grüneberg. Helene wurde am 3. Juli 1932 in Gelsenkirchen geboren.
Die Metzger-Familie Grüneberg war in der Stadt angesehen, Paul Grüneberg war Mitglied im Reichsbund jüdischer Frontsoldaten und auch in der jüdischen Gemeinde ein geschätztes Mitglied. Bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten bekam Paul Grüneberg den Antisemitismus zu spüren. Nach einer Auseinandersetzung mit einem Mitarbeiter seines Betriebes, der Ihn bestehlen wollte, erschien im Oktober 1934 auf der Titelseite des berüchtigten antisemitschen Hetzblattes "Der Stürmer" ein Artikel: "Paul Grüneberg - Der Judenmetzger von Gelsenkirchen". Paul Grüneberg wurde darin beschuldigt, seinen deutschen Kunden schlechtes und verdorbenes Fleisch zu verkaufen und seine Angestellten auszubeuten.
(Leserbrief von Erna Listing, Gelsenkirchen, Oswaldstraße 8. Januar 1935)
Exemplarisch zeigt dieser Vorfall, wie schwach die Position jüdischer Geschäftsleute in ihren eigenen Betrieben gegenüber den dort beschäftigten "Ariern" geworden war. Paul Grüneberg ging gerichtlich gegen die Verleumdungen vor und gewann auch. Die Schädigung seines Rufes konnte er aber nicht wirklich verhindern. Paul Grüneberg erkannte trotz dieser Auseinandersetzung nicht die Notwendigkeit, möglichst bald Deutschland zu verlassen. Auch eine Gelegenheit für eine Flucht der Kinder nutzte die Familie nicht. Paul Grüneberg kämpfte um sein Recht, erlebte dabei dann aber die stetige Verschärfung der Diskriminierungen der Juden. Die Familie verlor schließlich das Geschäft und musste 1941 in ein "Judenhaus" ziehen.
Mit dem größeren Teil der in Gelsenkirchen gebliebenen Juden wurden die vier Mitglieder der Familie Grüneberg am 27. Januar 1942 in das Ghetto Riga deportiert. Die Familie überlebte das Ghetto, wurde vor der heranrückenden Roten Armee nach Stutthof verschleppt. Im KZ Stutthof kamen Paul Grüneberg und seine Frau Helene Grüneberg um. Ihre Tochter Hella ist seither verschollen. Als einzige ihrer Familie, die beim Abtransport von Riga getrennt worden war, überlebte Hannelore Grüneberg auch das KZ Stutthof. Sie wurde von der Roten Armee am 9. März 1945 bei einem der berüchtigten Todesmärsche befreit. Danach kehrte Hannelore Grüneberg am 7. Juli 1945 für einige Monate nach Gelsenkirchen zurück. Von dort zog sie im Dezember 1946 nach Hamburg, um eine Ausbildung als Krankenschwester zu absolvieren. Schließlich wollte sie aber doch nicht mehr in Deutschland bleiben, wo ihre Familie verfolgt worden war und wo sie keine Verwandten mehr hatte. 1948 wanderte sie zu Verwandten nach Bolivien aus. Nach einem Aufenthalt in Chile, der Rückkehr nach Bolivien und der Heirat in Bolivien ging sie 1953 in die USA, wo sie eine eigene Bäckerei mit zwei Geschäften aufbaute.
Andreas Jordan, Dezember 2007
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