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Guiseppe Banfi

Guiseppe Banfi, zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt

Abb. 1: Guiseppe Banfi aus Saronno/Italien

Guiseppe Banfi, geboren am 9. April 1920 in Saronna, einer kleine Stadt im Hinterland von Mailand, war der Sohn von Ernesto Banfi und Giovanna Giudici. 1940 wurde er zur italienischen Marine eingezogen. Zum Funker ausgebildet, verrichtete er den Kriegsdienst bei einer der Marine-Einheiten, die auf dem stark befestigten Luft- und Marinestützpunkt Lakki auf der Insel Leros in der südöstlichen Ägäis stationiert waren.

Als bei den Kämpfen um Leros die Insel von deutschen Truppen zurückerobert wurde, geriet auch Guiseppe Banfi in deutsche Gefangenschaft. Man brachte ihn zunächst nach Athen. Nach vier Wochen wurde er zur Ableistung von Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt.

Guiseppe Banfi, zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt

Abb. 2: Im Nachlass von Guiseppe Banfi fanden sich einige handschriftliche Notizen, in denen er u.a. seine Gefangenschaft Gelsenkirchen erwähnte.

In Deutschland musste Guiseppe Banfi zunächst sieben Monate auf einer Zeche in Dortmund zwangsarbeiten, dann wurde er nach Gelsen- kirchen verbracht. Hier wurde er für rund drei Monate als "Elektriker" beim Wiederaufbau einer durch einen alliierten Bombenangriff beschä- digten Fabrik eingesetzt. Bisher konnten wir nicht in Erfahrung bringen, um welche Industrieanlage es sich handelt, die Quellenlage zu den "Italienischen Militärinternierten, kurz IMI", ein Begriff der Nazis) ist äußerst schlecht.

Nachdem die Gelsenkirchener Fabrik erneut bombardiert wurde, verschleppten ihn die Nazis im Verlauf seiner Kriegsgefangenschaft über Hamm und Bielefeld weiter nach Hannover, wo er schließlich am 10. April 1945 seine Befreiung durch die Alliierten erlebte. Am 5. September 1945 wurde er nach Italien repatriiert.


Guiseppe Banfi kehrte im September 1945 nach Italien zurück

Zurück in seiner Heimat Italien, erholte sich Guiseppe Banfi langsam von den Folgen seiner Gefangenschaft, baute sein Leben wieder auf. Er heiratete 1946, Sohn Ernesto, nach seinem Großvater benannt, wurde 1947 geboren. In den Mailänder Fabriken arbeitete Guiseppe Zeit seines Lebens hart, um seiner Familie ein gutes Leben und den Kindern ein Studium zu ermöglichen - Sie sollten ein besseres Leben führen. Nicht zuletzt seine Kriegserfahrungen haben in zu einem glühenden Antifaschisten und Kriegsgegner gemacht, diese Haltung hat er seinen Kindern und Enkeln weitergegeben. Einige Jahre vor seinem Tod im Jahr 2000, er war bereits an Alzheimer erkrankt, holten ihn seine traumatischen Erlebnisse in deutscher Gefangenschaft wieder ein. Wenn auch sein Bewußtsein sich langsam verdunkelte, die Bilder von Krieg, Folter und Tod wollten einfach nicht verschwinden.

Sein Sohn Ernesto reiste im Sommer 2018 auf den Spuren seines Vaters Guiseppe Banfi durch Deutschland und wollte auch Gelsenkirchen besuchen, eine der Städte, in denen sein Vater Zwangsarbeit für die deutsche Kriegsproduktion leisten musste. So haben wir uns kennen gelernt, gemeinsam begaben wir uns auf Spurensuche in Gelsenkirchen. Gefunden haben wir letztlich nichts, denn all die Unrechtsorte der Zwangsarbeit sind verschwunden, heute größtenteils überbaut. An die Qualen der Zwangsarbeiter aus fast allen Ländern Europas und der Sowjetunion erinnert praktisch nichts.

Unser besonderer Dank geht an Ernesto Banfi, der uns auf die Lebens- und Leidenswege seines Vaters Guiseppe aufmerksam gemacht, dieser Dokumentation zugestimmt und uns Dokumente und Fotos zur Verfügung gestellt hat.

Andreas Jordan, Februar 2019

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