SS-Mann König zu 3½ Jahren Gefängnis verurteilt
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Quelle: Westfälische Volks-Echo vom 13. Juni 1947, in: "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus: Katalog zur Dauerausstellung der Dokumentationsstätte Gelsenkirchen (Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte (ISG) - Materialien, Bd.5), 1. Auflage, November 2000"
Abschrift des Artikels:
Milde Strafe für sadistische Quälereien im Jahre 1933
Angeklagter enthüllt "Liquidierung" eines höheren SA-Führers auf dem Reichsparteitag 1938
Unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Rüdlien fällte die Strafkammer 4 des Landgerichts Essen in eintägiger Verhandlung das Urteil gegen den des Verbrechens gegen die Menschlichkeit angeklagten ehemaligen SS-Mann Hugo König aus Buer, Westerholter Straße 30. Die Anklage legt ihm zur Last, Im Jahre 1933 in mindestens 11 Fällen politische Gegner unmenschlich mißhandelt zu haben. 11 Zeugen, die meist heute noch an den Folgen dieser Mißhandlungen leiden, belasteten den Angeklagten erheblich. Das Urteil lautete auf. 3½ Jahre Gefängnis wegen schwerer Körperverletzung in 6 Fällen; §§ 223 und 223a StGB, in Verbindung mit Verordnung Nr. 10 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit).
Die I C der damaligen SA-Sturmbanne III und IV hätte im Jahre 1933 Im Rathaus Buer, Zimmer 71, ihre sogenannte Exekutive aufgeschlagen. Hier waren Sturmbannführer S c h r o t h und der Erler SA-Führer J a k u b e k unumstrittene Herrscher über Leben und Tod ihrer politischen Gegner. Den Antifaschisten aus Buer und Umgebung schwebten die Begriffe "Exekutive" und "Zimmer 71" wie ein Damoklesschwert drohend und beunruhigend über den Köpfen. Ein kahles Zimmer mit einem Tisch, darauf eine Schreibmaschine, vor dem Tisch ein Prügelbock, und an der Wand hängend Gummischläuche aller Größen waren der Schauplatz unzähliger Quälereien. König sagte aus: "Die Prügelei ging am laufenden Band" und "es wurde ziemlich fest geschlagen".
Der Angeklagte, der als SS-Mann zur "Auslese der arischen Rasse" gehörte, erweckt die Vorstellung, als habe man einen Urmenschen vor sich. Der bloße Anblick des unförmigen Kopfes mit der niedrigen fliehenden Stirn auf "einem riesigen ungeschlachten Körper, kann allein schon Furcht erwecken. Und dazu wurde König, der freiwillig als emsiger SS-Mann unter den SA-Leuten dieser I C an den Prügeleien teilnahm, auch benutzt. Wenn ein Opfer nicht aussagen wollte,wie es Sturmbannführer S c h r o t h wollte, hieß es: "Sehen Sie sich mal den König an, der nimmt Sie gleich in die Kur. Und der König tat dies nur zu gern.
Den Zeugen W i e c h e r t schlug er so brutal, daß er heute, noch ein Schatten seines früheren Seins ist und sich mühevoll an zwei Krücken vorwärts schleppen muß. Anderen ist es ähnlich ergangen, so u. a. dem Zeugen D r e c h s e l, der als Mitglied der KPD vor 1933 oft mit König in offener anständiger Art über politsche Fragen debattiert hatte. Besonders in diesem Falle hat das Gericht entschieden zu milde geurteilt. Aus den Zeugenaussagen ging hervor, daß König die Absicht hatte, D r e c h s e l zu ermorden. Um dies in möglichst schmerzhafter Form zu vollziehen, sollte die Ermordung nicht mit einer Pistole, sondern mittels Stahlruten und Polizeigummiknüppeln erfolgen. Als nach der Tat D r e c h s e l noch lebend, in einer Zelle auf dem Boden lag, sagte König: "Das Schwein ist noch immer nicht kaputt". Nur In diesem Falle gab der Angeklagte zu, geschlagen zu haben. Alle weiteren Fälle bestritt er. Im Laufe der Verhandlung gab König zu verstehen, daß er 1939 aus der SS ausscheiden wollte, weil er beim Reichsparteitag 1938 zu viel gesehen hätte. Unser Berichterstatter, hatte in einer Verhandlungspause Gelegenheit, den Angeklagten zu sprechen und erfuhr von ihm, daß er Zeuge der "Liquidation" eines höheren SA-Führers gewesen sei... von dem es hinterher hieß, er sei spurlos verschwunden.
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