Erinnerungsprojekt: Tafel für BuchenwaldBuchenwald, das größte deutsche KZ, liegt bei Weimar in Thüringen und war Schreckensort und zugleich Endstation für mehrere Zehntausend Menschen, darunter auch mehrere hundert Homosexuelle, die während der NS-Zeit dort gequält, durch Zwangsarbeit ausgebeutet und ermordet wurden. Namentlich bekannt sind bisher ca. 600 homosexuelle Männer, die dort, wie auch in allen anderen Konzentrationslagern des dritten Reiches, in der Häftlingshierarchie zur untersten Stufe gehörten. Sie hatten in den KZs somit die geringsten Überlebenschancen. Viele der Ermordeten in Buchenwald wurden in den Öfen des Krematoriums verbrannt. Die Häftlinge nannten es "durch den Kamin gehen". Während die Häftlingsbaracken und die Wohngebäude der SS außerhalb des Häftlingslagers in der Nachkriegszeit abgebrochen wurden, blieb das Krematoriumsgebäude mit Kamin und den Originalöfen innerhalb des ehemaligen Häftlingslager erhalten und kann heute besichtigt werden. Wer ab Juli 2012 diesen Ort des Schreckens besucht – was jährlich mehrere Tausend Menschen aus der ganzen Welt tun, darunter auch viele Schulklassen - der wird im Krematoriumsvorraum, durch den man zum Raum mit den Verbrennungsöfen gelangt, eine neue Erinnerungstafel finden. Unter den vorhandenen etwa fünfzig zum Teil Jahrzehnte alten Namenstafeln an zwei Wänden stellt die neue, 30 mal 40 Zentimeter große schwarze Metalltafel mit weißer Schrift und weißem Rand ein Novum dar: Erstmals wird an diesem Ort die Verfolgung und Ermordung zweier Homosexueller sichtbar gemacht. Erinnert wird an den Plakatmaler Friedrich Wessel, gebürtig in Ückendorf (heute eine Stadtteil von Gelsenkirchen), der bis zu seiner Verhaftung und Deportation in Wattenscheid, heute ein Stadtteil von Bochum, seinen Lebensmittelpunkt hatte. Wessel wurde in Buchenwald im Alter von nur 41 Jahren, weniger als drei Monaten nach Beginn der Internierung, am 7. Mai 1942 angeblich auf der Flucht erschossen. Der andere junge Mann auf der Namenstafel ist der Krankenpflegeschüler Julius Schmidt, der in Elberfeld (heute Wuppertal) geboren wurde und in Velbert im städtischen Krankenhaus arbeitete. Er wurde, ebenso wie Wessel, als Homosexueller verfolgt, ebenso nach dem berüchtigten Paragraphen 175 zunächst zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt und nach voller Verbüßung seiner Strafe in´s KZ deportiert. Jedoch wurde er zunächst in die Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin, von dort nach Neuengamme bei Hamburg und anschließend nach Dachau bei München verschleppt, bevor er im Juli 1941 von dort nach Buchenwald deportiert wurde. Hier starb er im Alter von nur 33 Jahren am 17. März 1942, als vermeintliche Todesursache wurde von den Tätern "akute Herzschwäche" vermerkt, eine ebenso falsche wie beschönigende Formulierung für einen unnatürlichen, von der SS beabsichtigten Tod. Abb.: Jürgen Wenke präsentiert die Erinnerungstafel, die an Verfolgung und Ermordung zweier Homosexueller Männer durch das NS-Terrorregime erinnert. (Foto Dennis Luc)Schmidt und Wessel waren im Jahr 1942 in Buchenwald als Häftlinge bis zu ihrem Tod interniert, doch ob sie sich dort begegnet sind, konnte Jürgen Wenke aus Bochum nicht heraus- finden. Er hat sich für dieses bisher einmalige Projekt auf Spurensuche begeben, u.a. in den Stadtarchiven von Bochum, Gelsenkirchen, Wuppertal, Velbert und Remscheid, im Thürin- gischen Staatsarchiv in Weimar, im den Archiven der Gedenkstätten von Buchenwald, Dachau, Sachsenhausen und Neuengamme und beim Inter- nationalen Suchdienst in Bad Arolsen. Wenke erforschte nicht nur die Lebens- wege von Wessel und Schmidt, sondern verhandelte auch als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Les- ben- und Schwulenberatung Rosa Strippe e.V., die das Projekt finanzierte, mit der Leitung der heutigen Gedenkstätte Buchenwald über die Genehmigung und Umset- zung des "Tafelprojektes". Auch nahm er Entwurf und Ausführung der Erinnerungstafel mit finanzieller Un- terstützung der Firma MB Laser- technik aus Lüneburg in Angriff.
Wer bei der Tafelanbringung im Juli 2012, 70 Jahre nach dem Tod der beiden Männer, in Buchenwald dabei sein möchten – anvisiert ist der Termin 18. oder 19. Juli – oder weitere Informationen zum Schicksal der beiden Männer möchte, schreibe eine Email an: orga@rosastrippe.de. Das Erinnerungsprojekt braucht noch Unterstützer. Wer die Erinnerungsarbeit mit einer Spende unterstützen möchte, findet die Kontoverbindung des Vereins auf www.rosastrippe.de. Quelle: Presseinfo 31.5.2012 von Jürgen Wenke, Foto Dennis Luc
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